Am 5. Januar 2023 trat die CSRD-Richtlinie1 in Kraft. Diese sieht vor, dass große Unternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen von öffentlichem Interesse ihre Rechnungslegungsunterlagen um einen Nachhaltigkeitsbericht zu ergänzen haben. Die Bestimmungen der CSRD-Richtlinie sind von der Bundesrepublik Deutschland bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen. Hierzu hat das Bundesministerium der Justiz (BMJ) am 22. März 2024 einen Referentenentwurf des CSRD-Umsetzungsgesetzes2 (Ref-E) veröffentlicht.
Nachhaltigkeitsbericht ersetzt nichtfinanzielle Erklärung
Der Ref-E sieht teils umfangreiche Änderungen an insgesamt 30 Gesetzen und Verordnungen vor. Den Kern des Referentenentwurfs stellen Änderungen des Handelsgesetzbuches (HGB) dar. In den §§ 289b, 289c HGB ist bereits bisher für bestimmte Unternehmen eine Pflicht zur Erweiterung des Lageberichts um eine sog. nichtfinanziellen Erklärung vorgesehen, die allerdings nur sehr grundlegende Informationen zur Nachhaltigkeit enthält. Diese soll durch die Pflicht zur Erweiterung des Lageberichts um einen Nachhaltigkeitsbericht ersetzt werden (§§ 289b, 289c HGB Ref-E). Die Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts wird sich an den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) orientieren, wodurch der Nachhaltigkeitsbericht deutlich umfangreicher als die bisherige nichtfinanzielle Erklärung sein wird. In dem Nachhaltigkeitsbericht sind zum einen Angaben über die Auswirkungen des Geschäftsbetriebs des Unternehmens auf Umwelt-, Sozial- und Menschenrechts- sowie Governance-Faktoren (ESG-Faktoren) aufzunehmen. Zum anderen sind umgekehrt auch die Auswirkungen der ESG-Faktoren auf den Geschäftsverlauf und das Geschäftsergebnis der Gesellschaft zu beschreiben. Ziel ist es, den Umgang von Unternehmen mit Nachhaltigkeitsrisiken und die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf ESG-Faktoren transparent darzustellen. Der Nachhaltigkeitsbericht ist durch einen externen Prüfer zu prüfen (§ 324b HGB Ref-E).
Anwendungsbereich
Ferner steigt nicht nur der Umfang, sondern auch die Anzahl der zur Erstellung und Prüfung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichteten Unternehmen im Vergleich zu den bereits bisher zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung verpflichteten Unternehmen. Vom Anwendungsbereich des Ref-E sind entsprechend der Bestimmungen der CSRD zum einen alle kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften, mit Ausnahme von Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB), umfasst, zum anderen alle großen Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 HGB. Daneben haben auch bestimmte haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften (§ 264a HGB) und Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB Ref-E) einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen und prüfen zu lassen. Nach Schätzung des BMJ sind damit insgesamt etwa 13.200 Unternehmen betroffen.
Aktienrechtliche Bestimmungen
Die vorgesehene Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung führt zu Folgeänderungen u.a. im Recht der Aktiengesellschaften. Von wesentlicher Bedeutung ist hier zum einen das künftige Erfordernis zur Bestellung auch eines Nachhaltigkeitsprüfers durch die Hauptversammlung (§ 119 Abs. 1 Nr. 5 Aktiengesetz (AktG) Ref-E), und zum anderen die Prüfungspflicht des Aufsichtsrats. Da der Nachhaltigkeitsbericht künftig Teil des Lageberichts sein wird, wird die Prüfungspflicht des Aufsichtsrats (§ 171 Abs. 1 AktG) auch den Nachhaltigkeitsbericht umfassen. Sofern der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss bestellt, soll sich dieser zudem künftig auch mit der Überwachung des Prozesses der Nachhaltigkeitsberichterstattung befassen (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG Ref-E).
Vermeidung doppelter Berichtspflichten
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung führt zu einer weiteren bürokratischen Belastung der betroffenen Unternehmen. Zur Minimierung dieser Belastungen sieht der Ref-E keine über die umzusetzenden Bestimmungen der CSRD hinausgehenden Maßnahmen vor (sog. 1:1 Prinzip, d.h. über die Vorgaben des europäischen Rechts soll bei der deutschen Umsetzung der CSRD nicht hinausgegangen werden). Ferner sind Änderungen am Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vorgesehen. Dieses sieht vor, dass Unternehmen, die dem LKSG unterfallen, jährlich einen Bericht über die Erfüllung ihrer aus dem LKSG entspringenden Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr erstellen und auf der Internetseite des Unternehmens öffentlich zugänglich machen. Diese Berichtspflicht soll künftig auch durch die Erstellung und Veröffentlichung des Nachhaltigkeitsberichts erfüllt werden können (sog. Ersetzungsbefugnis, § 10 Absatz 5 LkSG Ref-E). Mit dem Nachhaltigkeitsbericht können damit zwei Pflichten gleichzeitig erfüllt werden, ein gesonderter Bericht nach dem LKSG soll dann entbehrlich sein. Weiter sieht der Ref-E vor, dass das Fristende für die Einreichung von Berichten nach dem LkSG für das Geschäftsjahr 2023 einheitlich auf den 31. Dezember 2024 (statt wie bislang vier Monate nach Schluss des Geschäftsjahres) verschoben wird. Damit soll den Unternehmen ausreichend Gelegenheit gegeben werden, zu prüfen, ob sie von der im Reg-E vorgesehenen Ersetzungsbefugnis Gebrauch machen möchten.
Übergangsbestimmungen
Der Ref-E sieht – wie auch schon die CSRD – eine etappenweise Einführung der Pflicht zur Erstellung und externen Prüfung eines Nachhaltigkeitsberichts vor:
- Alle bereits bisher zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung verpflichteten Unternehmen werden erstmalig im Zuge der Berichterstattung über das Geschäftsjahr 2024 verpflichtet sein, nach CSRD-Vorgaben Bericht zu erstatten. Für die erste Berichterstattung gilt dabei in den Fällen, in denen die Hauptversammlung keinen Nachhaltigkeitsprüfer bestellt hat, der Abschlussprüfer als zur Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts bestellt, vorausgesetzt er ist vor dem – noch ausstehenden – Inkrafttretens des Gesetzes bestellt worden.
- Ab der Berichterstattung über das Geschäftsjahr 2025 werden im Grundsatz alle großen Kapitalgesellschaften nach den neuen Vorschriften Bericht erstatten müssen.
- Kapitalmarktorientierte KMU sind grundsätzlich erstmals bei der Berichterstattung über das Geschäftsjahr 2026 betroffen, ausgenommen nicht berichtspflichtige Kleinstkapitalgesellschaften.